Wir haben dieses Projekt wegen einer Bauarbeit angefangen, eine ganz besondere Bauarbeit mit dem Zweck: unter den Menschen Brücken zu bauen. Brücken des Verständnisses, Brücken des Dialogs zu bauen. Weil wir nicht einfach nur hier in dieser wunderschönen Stadt neben den Österreichern leben wollen, wir wollen wahre co-existence, ein wahres Zusammengehörigkeitsgefühl. Ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das auf gegenseitigem Kennen und Respekt beruht.
Dieses Projekt war eindeutig ein Erfolg. Es hat unsere Gemeinschaft zusammengebracht und uns eine Möglichkeit gegeben, die Einheimischen zu erreichen.
Vielleicht ist es gar nicht bekannt, dass in Salzburg fast 10.000 Ungarn leben. Das ist wie eine Kleinstadt in Ungarn.
Warum kommen die Ungarn nach Salzburg? Warum wollen sie hier leben?
Es ist gut zu wissen, dass wir nicht nur in den letzten zehn Jahren nach Salzburg gekommen sind. Schon vor der Öffnung der Grenzen beherbergte die Stadt eine große Zahl von Flüchtlingen aus dem Kommunismus (viele heute schon ältere Ärzte und Ingenieure kamen beispielsweise nach der Revolution von 1956 hierher, als die Elite, die Crème de la Crème der ungarischen Bevölkerung die Heimat verließ.) Sie haben damals eine schwierige Entscheidung getroffen, weil ihre neue „Wahlheimat“ hat auch bedeutet, dass sie die alte verloren haben. Niemand konnte es, nicht einmal in den 80-en Jahren vorstellen, dass die Wand, die unsere damalige Wellte getrennt hat, wird einmal fallen. Nur paar Namen zu erwähnen: Dr Andreas Farkas, Ing. István Bohuny die Frau Margit Körmendy oder der Herr Domkapellenmeister János Czifra waren unter diesen Menschen und sind immer noch geschätzte Mitglieder unseres Vereins.
Als wir diese Ausstellung vorbereitet haben und das Rathaus angeschaut haben, haben wir eine Gedenkplakette auf der Wand entdeckt. "Heimat verloren – Heimat gefunden „in dieser Stadt endete die Flucht von Siebenbürger Sachsen und es begann hier ihre Eingliederung in eine neue Heimat. Dank an all, die ihnen dabei geholfen haben.“ So war es damals auch mit den Ungarn! Heimat verloren, Heimat gefunden.
Gott sei Dank, heute ist es schon anders. Heute müssen wir uns nicht zwischen der alten und der neuen Heimat entscheiden. Wir haben heute einen natürlichen Zusammenhalt, die Europäische Union, die uns den Rahmen für unsere freie Wahl bietet. Und der freie Personenverkehr und die Aufenthaltsfreiheit in der Europäischen Union bilden den Eckpfeiler der Unionsbürgerschaft. Wir genießen diese Freiheit, wenn zum Beispiel viele ungarische Fachkräfte von der Industrie, dem Gesundheitssystem, dem Handel, den großen Salzburger Unternehmen, dem Tourismus und der Gastronomie hierher gelockt werden. Wir können hier auch zu Hause sein, weil wir auf die Legitimität dieser Freiheit vertrauen.
Nichts Neues unter der Sonne. So war es auch früher. Irma Troll-Borsányi... ein berühmter Name hier in Salzburg. Wer könnte diese Salzburgerin mit dem ungarisch klingenden Namen sein?! Ich schaute bei Wikipedia nach und lies, dass die in Salzburg geborene Schriftstellerin, Journalistin und Frauenrechtlerin, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Salzburg lebte, ihren ungarischen Namen durch die Liebe bekam. Leider berichten die biographischen Daten von ziemlich vielen Tragödien, aber mir fällt der Halbsatz im Wiki auf, dass Irma in Ungarn ihr Glück suchte, und zwar als Musiklehrerin. Dort lernte sie ihren Mann, Ferdinand Borsányi, kennen, dessen Name dank ihrer Arbeit noch heute auf einer Straße in Salzburg steht.
Was uns an dieser Geschichte auffiel, war nicht die Romantik, sondern die Selbstverständlichkeit des 19. Jahrhunderts. Das Salzburg in der damaligen Monarchie unter einer Krone nicht so weit von Budapest entfernt war und es nur natürlich war, dass eine Salzburgerin ihr Glück im ungarischen Teil des Reiches finden würde. Ich glaube, dass wir Ungarn und Österreicher durch unsere gemeinsame Geschichte und kulturellen Brücken stärker verbunden sind, als wir uns heute als ungarische Ausländer hier in Salzburg manchmal fühlen...
Es ist nie einfach, nicht einmal hier in Mittel-Europa, nicht einmal für uns Ungarn in Österreich, ein neues Zuhause zu finden. Aber ich denke, ein Salzburger könnte sich genauso fühlen, wenn er zum Beispiel nach Wien zieht.
Die sprachliche Barriere kann zum Beispiel für uns wirklich herausfordernd sein. In unserer Sprache gibt es kein Gendering – ihr habt der die das…. Aber wieviel derdiedas!
Wir sind aber motiviert uns gut in die Salzburger Gesellschaft zu integrieren. Wir wohnen hier, schicken unsere Kinder in die Schulen, haben unsere Begabungen hierher mitgebracht und und und… Wir sind überzeugt, dass auch hier in Salzburg, einer der Weltkulturhauptstädte können wir etwas Wertvolles zu unserem Zusammenleben beitragen. Wir lieben diese Stadt.
Trotz unserer Unterschiede sehen und spüren wir, dass uns eine Menge verbindet. Die Kunst bietet uns genau die Kanäle, um dies zu erfahren. Auf diese Weise können wir vielleicht auch aus den Meinungsblasen ausbrechen, die uns die Medien heutzutage oft aufzwingen.
Und jetzt kommt dann die Frage, sind wir bereit wahre Brücken zu bauen? Sind wir bereit in die Tiefe zu schauen oder lassen wir weiter die Oberfläche plaudern?